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Kategorie: Geschichte
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In Wassenberg gibt es interessante Architektur zu entdecken. Ein Stadtrundgang mit Walter Bienen vom Heimatverein zum Thema Gründerzeit. Von Willi Spichartz

"Von innen nach außen" - das war ein Prinzip der Architektur (nicht nur) der Gründerzeit, und ganz besonders von Architekten, die Elemente des Jugendstils in ihre Entwürfe einbrachten. Funktionalität und künstlerische, kunsthandwerkliche Gestaltung des Hausinnern sollten auch nach außen in Form von besonderen Elementen an Fassaden, Fenstern, Türen und Dächern deutlich werden.

Dass es in Wassenberg eine Reihe von Beispielen aus der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gibt, wurde beim Kulturhistorischen Rundgang mit Walter Bienen vom Heimatverein deutlich, der auch als ehrenamtlicher Denkmalbeauftragter der Stadt Wassenberg fungiert.

Walter Bienen (l.) führte beim „Kulturhistorischen Spaziergang“ zu Bauten der Gründerzeit in der Wassenberger Innenstadt. Jugendstilelemente sind am „Spiegel“-Haus, Graf-Gerhard-Straße 28, zu studieren. Foto: Laaser, Jürgen (jl)
Walter Bienen (l.) führte beim „Kulturhistorischen Spaziergang“ zu Bauten der Gründerzeit in der Wassenberger Innenstadt. Jugendstilelemente sind am „Spiegel“-Haus, Graf-Gerhard-Straße 28, zu studieren. Foto: Laaser, Jürgen (jl)

33 Zweibeiner und Moritz, der es sich auf allen Vieren bequem gemacht hatte, aus Wassenberg und den Nachbarstädten folgten der Spur der Architektur vom Pontorsonplatz über die Park- und die Nikolausstraße in die Graf-Gerhardstraße, wo Walter Bienen neben einigen Elementen von Jugendstil auch Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert vorstellte.

Schwungvoll – Villa an der Kirchstraße 23 mit Volutenschmuck. Foto: Laaser, Jürgen (jl)
Schwungvoll – Villa an der Kirchstraße 23 mit Volutenschmuck. Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Besonders bemerkenswert für die aufmerksame Begleitschar, die sich nicht vom Verkehrslärm beeindrucken ließ, war das älteste Haus Wassenbergs dort mit der Nummer 12, das vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammt, da gotische Original-Elemente aufweisend.

Deutliche Jugendstilformen, wie sie Dr. Marco Kieser bereits für den Heimatkalender des Kreises Heinsberg 2004 festgestellt hatte, dann in der Roermonder Straße an der Villa "Nina" mit der Hausnummer 25, die heute zur Stadtverwaltung gehört und 1905 errichtet wurde, ein Zeitpunkt, der in die Epoche des sogenannten Historismus gehört, wie Walter Bienen erläuterte.

Zur Wassenberger Stadtverwaltung gehört heute der Altbau, die frühere „Villa Nina“ an der Roermonder Straße, die 1905 errichtet wurde – mit typischen Gestaltungselementen der Zeit. Foto: Laaser, Jürgen (jl)
Zur Wassenberger Stadtverwaltung gehört heute der Altbau, die frühere „Villa Nina“ an der Roermonder Straße, die 1905 errichtet wurde – mit typischen Gestaltungselementen der Zeit. Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Der Historismus aus der zweiten Hälfte des 19. und des Beginns des 20. Jahrhunderts griff historische Architektur-Stil-Formen auf, wobei die Designer Elemente vermischten, für die der griechische Begriff Eklektizismus angewandt wurde. Zeitweise wurde die Villa als Jugendherberge genutzt, "Ochsenaugenfenster", Dachform, Balkongitter und Haustür zeigen Jugendstilelemente, nur gestört durch einen "Nichtraucher"-Aufkleber im Türfenster.

Ziemlich klar für Gründerzeit und Jugendstil zeigt sich, so Walter Bienen, die gegenüber liegende Villa mit Haus-Nummer 32 mit Krüppelwalmdächern, Säulen und einer ehemals offenen Loggia im Obergeschoss.

In die Gründerzeitära gehören der Alte Bahnhof und eine daneben liegende Villa, die im Zug der 1911 eröffneten Bahnstrecke errichtet wurden. Schließlich in der Kirchstraße mit der Hausnummer 6 klare Jugendstilfensterelemente mit Korbbogenfenstern, Oberlichtern, glasierten Ziegeln, allerdings ist das Gebäude durch Ladenumgestaltungen im Erdgeschoss einigermaßen verschandelt.

Bruchsteinsockel, Rotsandsteingewände von Türen und Fenstern, Balkone, Erker, Loggien, zweiflüglige Fenster mit Rautensprossen im Oberlicht – Architekturelemente von Gründerzeit und Jugendstil an einem Haus beim früheren Wassenberger Bahnhof.  Foto: Laaser, Jürgen (jl)
Bruchsteinsockel, Rotsandsteingewände von Türen und Fenstern, Balkone, Erker, Loggien, zweiflüglige Fenster mit Rautensprossen im Oberlicht – Architekturelemente von Gründerzeit und Jugendstil an einem Haus beim früheren Wassenberger Bahnhof. Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Noch etliche weitere Gründerzeitbauten, unter anderem die ehemalige Post und die frühere Albert-Schweitzer-Grundschule, die heute Teil der Grundschule Am Burgberg ist, begleiteten die Architektur-Wanderer.

LISTE DER DENKMÄLER

Literatur
Alle unter Denkmalschutz stehenden Gebäude in Wassenberg hat Marco Kieser im Heimatkalender des Kreises des Jahres 2004, teils mit Fotos, beschrieben. Zu haben in den Stadtbüchereien oder bei der Kreisverwaltung.

Internet
Ebenfalls die volle Liste, ganz mit Farbfotos versehen, hat Bernd Limburg ins Internet gestellt. Interessierte werden unter der Adresse www.limburg-bernd.de fündig. Dort sind die Denkmäler aller Kommunen im Kreis Heinsberg, auch die der Nachbarkreise, zu entdecken.

Quelle: RP vom 30.3.2016