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Sänger: Karl Lieck

Wassenberg1420

Bruderschaftschronist Heinz Pütz, Autor Franz-Josef Breuer und stellvertretender Brudermeister Detlev Winkens (v.l.) diskutieren über die Fotodokumente in der Ausstellung zum neuen Schützen-Bildband. FOTO: Jürgen Laaser
Bruderschaftschronist Heinz Pütz, Autor Franz-Josef Breuer und stellvertretender Brudermeister Detlev Winkens (v.l.) diskutieren über die Fotodokumente in der Ausstellung zum neuen Schützen-Bildband. FOTO: Jürgen Laaser

Heimatkundler Franz-Josef Breuer veröffentlicht einen neuen Bildband über die Schützenkönige, Königinnen, Prinzen und Schülerprinzen der St. Lambertus Bruderschaft samt Gefolge aus über 100 Jahren. Ausstellung zum Buch. Von Angelika Hahn

Auszug aus: Heimat und Welt – Illustrierte Beilage zur Heinsberger Volkszeitung vom 28.05.1927

Von Aachen kommend, hatten wir in sausender Fahrt bei Kempen die Rur überquert, hatten verlassen die staubige Landstraße und fahren nun mit geringer Kilometerzahl. Obwohl das Knattern des Motors die feierliche Landstille unschön unterbricht, erwachen einem doch bei dem wunderschönen Anblick der Natur die, herrlichsten Stimmungsbilder. Die saftig grünen Wiesen, das sorgfältig bebaute Ackerland, sie wirken beruhigend auf Nerven und Gemüt. Wir haben jetzt Ophoven hinter uns und steuern auf Wassenberg zu. Das herrliche Panorama aber, das sich nun vor unseren Augen entfaltet, zwingt uns unwillkürlich den Wagen anzuhalten, um diesen selten schönen Anblick nur für Augenblicke zu genießen. Die dunkelgrüne Waldhöhe, zu Ihren Füßen das malerische Städtchen Wassenberg, alles hat seine Reize. Wie eine Hünengestalt erhebt sich über sie der trutzige Burgfried. Schützend blickt er auf die spitzen Giebeldächer der Stadthäuschen und auf das Kirchlein in ihrer Mitte. Und weiter links seh ich ebenfalls eines Kirchleins kleine Spitze aus dem Waldgrün hervorlugen. Segnend blickt es in das fruchtbare Rurtal und wie ein Finger Gottes strebt sein Kegel mahnend gen Himmel. Ja dieser fesselnde Anblick könnte einem Dichter Motive geben.

Bald hatten wir unser Ziel, die kleine Stadt am Waldessaume erreicht. Im allgemeinen nennt man das Städtchen „Kurort“, wenigstens las ich es schon in größeren Zeitungen. Ob dieses aber der rechte Ausdruck ist, will mir nicht einleuchten. Wo sind denn die luxuriösen Kurhotels, wo sind die eintönigen Kurpromenaden mit ihren steten Konzerten? Ich finde sie nicht. Ich finde auch keine Vergnügungsparks mit Springbrunnen und Fontänen. Wo sind ferner die großen Hotellterrassen mit ihren ewigen Dieners, Soupers und fünf Uhr Tees? Nein diesen formellen Unsinn finde ich nicht.
Hier aber auf diesem Fleckchen Erde lockt etwas anderes. Wie mit magischer Kraft zieht dich der Friede und die Stille des Waldes an. Wie eine mächtige Kuppel schließen sich die Baumkronen über den moosigen Waldweg, auf dem wir dahin schreiten. Bunte Falter gaukeln über die unergründlich tiefen Waldseen, auf deren Oberfläche weiße und gelbe Wasserrosen träumend wiegen. Eine soeben erklommene Höhe gestattet uns einen weiten Rundblick. Vor uns dehnt sich aus das so viel genannte Rurtal. Silberhell schlängelt sich das Band der Rur dahin. An den Ufern liegen zerstreut zerstreut die kleinen Dörfchen. Wie ein Fantasiegebild erscheint das weithin sichtbare Flachland, in das der brave Landmann den Samen eingesenkt, damit er wachse und gedeihe. Die letzten rötlichen Strahlen der untergehenden Sonne küßen am fernen Horizont einen auf einer Bergeshöhe gelegenen Gottestempel; „Der Dom des Rurtals“ spricht einer der Begleiter neben mir. Im stillen beneide ich den Sprecher weil ich weiß, daß er dies alles seine Heimat nennt.


Und als der Abend kam und die Nacht mit leisem Schwingen sich auf den dunklen Tannenwaldsenkte, habe ich leise aus dem kleinen Gasthaus weggeschlichen und bin mit klopfenden Herzen in das Labhrinth des Marienbruches geeilt. Ich wollte Abschied nehmen von dem schweigenden Wald, der mir für Stunden eine so erquickende Labsal gewesen, der in den wenigen Stunden meine, durch angestrengte Büroarbeit aufgepeitschte Nerven wieder ins Gleichgewicht gebracht.

Geheimnisvoll rauschte es über mir in den Zweigen, als ich träumend auf der niederen Waldbank saß und dem werbenden Schluchzen der Nachtigallen lauschte. Eine heiße Sehnsucht schlich sich dabei in mein Herz; ich hätte mitsingen können ein Lied von der der Herrlichkeit des Frühlings, von dem Frieden des heimatlichen Bodens. Doch ich spürte es nur zu deutlich, ich hatte kein Recht dazu, weil meine Heimat eine andere ist, weil ich ein Großstadtkind bin.

Ich darf dieses Glück nur von ferne mit ansehen und darf den schlichten Bewohnern nur zurufen: „Glücklich ihr, die ihr eine solche Heimat habt. Mitternacht war nicht fern, als ich die glühenden Augen unseres Kraftwagens den Weg durch das Dunkel der Frühlingsnacht nach Hause suchten. Alle fuhren wir heimwärts mit dem glücklichen Gedanken: Rurtal, beim nächsten Wochenend sehen wir uns wieder. In mein Tagebuch aber schrieb ich am nächsten Morgen die wenigen Zeilen, die einst ein Geibel geschrieben und hierzu:

O Heimatliebe, Heimatluft,
Du Born der Sehnsucht unergründet,
Du frommer Strahl, in jeder Brust,
Vom Himmel selber angezündet;
Gefühl, was wie der Tod so stark
Und eingesenkt ward bis in`s Mark,
Das uns das Tal, da wir geboren,
Mit tausendfarb`gem Schimmer schmückt
Und wär`s im Steppensand verloren
Und wär`s vom ewgen Schnee gedrückt.

Thea Krone, z. Zt. Oberhausen

Einladung zur Buchpräsentation am 9.11.2016

 

Ansprachen zur Buchpräsentation am 9.11.2016

Stellvertretender Bürgermeister Frank Winkens

Guten Morgen meine Damen und Herren. Ich darf Sie hier im Namen der Stadt Wasserberg recht herzlich begrüssen. Ich bin heute sehr gerne hierhin gekommen. Der Herr Becker hatte mich gefragt, ob ich heute morgen Zeit hätte, um das neue Buch über Wassenberg in der Vor- und Nachkriegszeit vorzustellen. Sehr schön, dass Herr Morgenweg, der ja eigentlich gar nicht hier in Wassenberg lebt und wohnt, sich in seiner Freizeit mit der Epoche der Vor- und Nachkriegszeit beschäftigt hat und hier das Buch präsentiert mit vielen Details und Inhalten. Und wir kennen auch einige Bücher über die Vor- und Nachkriegszeit durch Professor Heribert Heinrichs oder Karl Lieck. Aber ich glaube, wir haben hier ein Buch vorliegen, was sehr detailliert beschrieben und mit Inhalten bestückt ist. Wo auch Wassenberger noch etwas Neues kennenlernen sollen oder wollen oder können. Deshalb bin heute morgen sehr gerne hier hin gekommen, um das Buch und den Autor Herrn Morgenweg vorzustellen und dieses Buch zu präsentieren. Die Beschäftigung mit dieser Zeit beruft sich nicht nur auf Zeitzeugen, die Herr Morgenweg befragt hat, die schrecklichen Geschehnisse wieder ins Bewusstsein zu rufen. Wir werden mit Sicherheit neue Details erfahren und für die Stadt Wassenberg bedanke ich mich für dieses Buch und für die jahrelange ehrenamtliche Arbeit und das Engagement des Herrn Morgenweg.

Applaus

Heimatverein-Vorsitzender Sepp Becker

Einen schönen guten Morgen zusammen. Vor neun Jahren, ziemlich genau sind es neun Jahre her im November, kam Herr Morgenweg nach Wassenberg zum Heimatverein und recherchierte.
Das war zuerst für den Heimatkalender. Daraus entwickelte sich die Idee, ein Buch zu verfassen und zuerst habe ich gedacht: „Naja, da gibt’s doch schon allerhand. Der Westwall, ob das denn wohl was Besonderes wird?“ Ich war etwas skeptisch. Aber, er frug nach, recherchierte. Ich habe ihm dann sehr viel, auch Personen nennen können, sehr viel Material geben können. Und ich hab’ eine Freude gehabt, mit welcher Intensität er das bearbeitet hat. Und er hat in der ganzen Stadt Menschen besucht und hat sie interviewt. Das war ganz wichtig, denn die Zeitzeugen werden immer weniger. Es gibt nur ganz wenige Menschen, die das bewusst erlebt haben. Ich zum Beispiel war ein Kleinkind ohne Erinnerung. Das heisst, man muss schon ein Stückchen älter sein, um etwas erlebt zu haben. Und Herr Morgenweg hat sich die Mühe gemacht, wirklich sehr stark ins Detail zu gehen. Zuerst war das ein Missverständnis, er ist kein Wassenberger. Er meinte das wäre eine Zurückstufung. Dann habe ich ihm gesagt, das ist eigentlich ein Lob, das jemand, der von auswärts kommt, sich für diese Stadt interessiert und das beschreibt. Dies hat er wirklich mit sehr viel Akribie gemacht. Ganz selbstständig, er hat immer damit rechnen können, dass wir ihm helfen, aber das ist seine Leistung. Ich sag’ jetzt mal, ich glaub’, das ist ein kleiner Traum, den er sich erfüllt hat.


Dann zu den Sachen, die drin stehen. Er hat einmal die Wassenberger Geschichte insgesamt in Kurzform bearbeitet, auch die Zeit vor dem dritten Reich. Das dritte Reich, die Kriegszeit, dann Details auch hier zu der Frontzeit, wo Wassenberg Frontgebiet war. Die meisten Menschen in Deutschland wissen das gar nicht. In Deutschland gibt es keine andere Stelle, wie in unserem Raum hier von der Eifel bis zum Niederrhein, wo die Front fast fünf Monate gestanden hat. Aachen war befreit, im äussersten Selfkant waren ebenfalls die Amerikaner und die haben ja gebraucht von Oktober, November bis am letzten Februartag, bis das Wassenberg und unsere Heimat befreit wurde und es über die Rur ging. Das heisst, hier ist in der Kriegsgeschichte besonders viel passiert und das hat er mit eingebaut in seinem Buch. Und er hat auch einige Sachen, die glaube ich allen bekannt waren, herausgeholt, zum Beispiel über den Arbeitsdienst und über das, was hier in diesem Raum an Bunkern gebaut worden ist. Das ist einmalig so zusammengefasst worden. Ich freue mich, dass er diese Arbeit geleistet hat und bedanke mich auch für den Heimatverein recht herzlich. Ihnen danke ich, dass Sie ihn unterstützt haben, denn er hat ja Leute eingeladen, die er befragt hat, die ihm geholfen haben. Ich freue mich, dass ich Sie heute alle sehe und kennenlerne. Vielen Dank dafür.

Applaus

Buchautor Markus Morgenweg

Ja, vielen Dank. Ich freue mich ebenfalls auch, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind und dass Sie so zahlreich hier erschienen sind. Ich möchte als Erstes dem Herrn Sepp Becker für seine unermüdliche Hilfe danken und ihnen ihr persönliches Exemplar überreichen. Vielen Dank.

Applaus

Für die mich nicht kennen, ich stelle mich mal kurz vor: Markus Morgenweg ist mein Name, bin 43 Jahre alt und von Beruf Krankenpfleger und beschäftige mich seit 20 Jahren mit dem Thema Westwall in meiner Freizeit. Und so kam es, dass ich irgendwann mal in diesem Raum reingeschnuppert habe. Damals habe ich einen Artikel für den Heimatkalender Heinsberg geschrieben und habe da die Stellung der Westwallbunker entlang der Rur bei Orsbeck beschrieben. Und so bin ich in den Wassenberger Raum gekommen und habe dann festgestellt, dass es in Wassenberg ein paar Besonderheiten bezüglich des Westwalls gab. Was mich natürlich als Westwall-Interessierter sehr gereizt hat und wo ich mir gedacht habe: OK, da kann ich eine kleine Publikation drüber schreiben, am Anfang war gedacht so ein 20 bis 30 seitiges Heftchen. Und daraus geworden ist nach 8 Jahren ein Buch von 236 Seiten und über 380 Fotos und vielen erstaunlichen Erkenntnissen, die mich selber auch begeistert haben. Als Besonderheit zum Beispiel gibt es zu nennen, was auch in Westwall-Fachkreisen bisher völlig unbekannt ist: Es gab 1944 nur vier Bunkerneubauten auf deutschen Boden. Und man weiss, dass einer im Saarland gebaut wurde. Wo die anderen drei gebaut wurden, ist völlig unbekannt. Und ich kann jetzt nachweisen, dass zwei im Raum Wassenberg gebaut wurden. Das ist etwas, was gerade im Fachbereich sehr viele Erkenntnisse bringen wird. Dann auch zum Beispiel wie Herr Sepp Becker eben schon sagte, die Front hat hier sehr lange gestanden. In meinem Buch kann man das von Monat zu Monat sehen, da habe ich Karten dargestellt, wie sich die Front verschoben hat in Richtung Wassenberg. Da sieht man, dass der Raum auf deutscher Seite von Übach-Palenberg, Geilenkirchen weiter nördlich hoch gezogen wurde von den Amerikanern. Und auf niederländischer Seite auch komplett schon eingenommen wurde.


Was aber ewig lange in deutscher Hand war, genauer gesagt bis Januar 1945 zur Operation Blackcock, war die sogenannte „Tasche von Heinsberg“. Das hat dazu geführt, das in Wassenberg, was hinter der Tasche von Heinsberg lag, hier noch unwahrscheinlich viele Massnahmen ergriffen wurden, die nirgendwo am Westwall mehr ergriffen wurden. Zum Beispiel Feldstellungen: Es gibt drei Feldstellungen, die noch Ende 1944 und sogar teilweise 1945 noch gebaut wurden in diesem Raum. Das ist in dieser Häufigkeit oder überhaupt in dieser Art nirgendwo mehr am Westwall oder sonst wo zu beobachten. Diese Laufgräben und Panzergräben kann man heutzutage teilweise noch wirklich gut in den Wäldern auffinden. Und das ist ein Zeugnis, was die Geschichte dieser Gegend auch sehr geprägt hat, weil die Panzerlaufgräben zum Beispiel wurden damals von der Zivilbevölkerung und den Kriegsgefangenen ausgehoben. Das war Handarbeit, die die damals betrieben haben in Namen der Partei für die sogenannte Wehrmacht, die allerdings aus heutiger Erkenntnis völlig planlos angelegt wurden. Es sind viele Dinge hier im Raum Wassenberg passiert, die halt einmalig sind und ich freue mich, dass ich diese Sachen zusammen fassen konnte. Was zum Beispiel, wo ich hier zwei Zeitzeugen sehe, die mit dem Reichsarbeitsdienst zu tun haben. Es gab zwei Reichsarbeitsdienstlager von unterschiedlichen Arbeitsgauen hier in Wassenberg. Sie sind nie wirklich beschrieben worden, weil es dazu eigentlich auch keine Unterlagen gibt, muss man sagen. Und von Herrn Schmitz bin ich an eine Quelle gelangt, die mir viel Aufschluss gegeben hat, die mir viele weitere Kontakte ermöglicht haben, sodass ich sogar zwei ehemalige Arbeitsdienstler aus Wassenberg in Beckum angetroffen habe, die mir Fotos und viele Beschreibungen geben konnten, was sie damals erlebt haben.
So zum Beispiel die Reichsarbeitsdienstler, die im sogenannten Lager Wassenberg-Süd waren, das ist hier in der Nähe der Kohlewaschanlage, Richtung Ratheim hat das gestanden, die waren bei dem Angriff von Arnheim vor Ort gewesen. Sie waren eigentlich eingesetzt worden zur Brückensicherung, als dann die sogenannte „Operation Market Garden“ herein gebrochen ist. Das heisst, diese Wassenberger Abteilung war wirklich bei bedeutenden kriegerischen Ereignissen dabei gewesen. Und das sind so Sachen, die bisher völlig unbekannt waren. Und ich bin froh, dass ich das jetzt einmal nieder schreiben konnte.
Des weiteren war mir in dem Buch einfach sehr wichtig: Wie hat die Bevölkerung all diese ganze Zeit empfunden? Das glaube ich, ist mir ziemlich gut gelungen. Ich habe über 20 Zeitzeugen gehabt, die mir berichten konnten, wie es damals war, während der Kriegs- und auch der Nachkriegszeit. Und auch in der Nachkriegszeit sind noch viele Zivilisten gestorben durch gefundene oder auch nicht gefundene Munition, die noch vergraben war. Es gibt zum Beispiel diese Aussage, das es wahrscheinlich mehr Tote in der zivilen Bevölkerung gab durch Waffen und Minen als in den eigentlichen Kriegsjahren. Das finde ich schon recht erstaunlich.

Ja, ich zeige Ihnen das Buch gerade mal ein bisschen. Ich bin sehr stolz darauf, wie gesagt 236 Seiten. Ich habe unwahrscheinlich viele Bilder ergattern können, viele von Zeitzeugen, von Archiven. Tabellen, Aufstellungen, Lagepläne, zum Beispiel ein Lageplan vom Reichsarbeitsdienstlager Wassenberg-Süd. Die Truppen, die hier im Wassenberger Raum eingesetzt waren, für diejenigen, die sich mehr militärisch interessieren. Kurze Beschreibungen, immer wieder Lagekarten, damit man sich einen Überblick verschaffen kann, wie war die Situation damals, auch immer im Kontext zu der jeweiligen politischen Situation damals. Was in vielen anderen Westwallbüchern leider oft fehlt. Hier zum Beispiel ein Bild einer Wassenberger Reichsarbeitsdienstabteilung, wo die auf dem Bahnhof von Eindhoven stehen, als sie dort eingesetzt waren. Ein Luftbild, sehr schwer heran zu kommen übrigens. Hier im Bereich von Effeld, da sieht man noch sehr gut den Panzergraben, wie der damals verlief.
Oder auch Kriegsgeschehnisse, ich habe die Kriegsgeschehnisse deshalb vom ganzen Kreis Heinsberg mit aufgenommen, weil es Bezug darauf hatte, wie sich die Situation in Wassenberg darstellt. Wie gesagt, es war ja damals nicht klar, ob die Front jetzt schnell auf Wassenberg zukommt oder ob sie, aufgrund der Tasche von Heinsberg, lange Wassenberg fernbleibt. Und so habe ich die ganzen Kriegsgeschehnisse dokumentiert ab dem Übertritt vom 4.10. bei Übach-Palenberg bis hier in den Wassenberger Raum. Man muss sagen, das hat deshalb ständig Bezug zu Wassenberg gehabt, weil es sogenannte Zoneneinteilungen gab: rote Zone war das Feindgebiet, dann gelbe Zone wo die Truppen eigentlich ursprünglich stationiert waren und die sogenannte weisse Zone. Und in dieser Zone lag Wassenberg, das war Verpflegungs-, Nachschub- und Lazarettgebiet. Dementsprechend gab es hier auch viele Lazarette, so kann man auf dem Soldatenfriedhof unwahrscheinlich viele Gräber sehen. Nicht weil so viele durch Kriegshandlungen gestorben sind, weil die von der Front hierher in die Lazarette gebracht wurden und hier in den Lazaretten verstorben sind.

Viele sehr schöne, sehr seltene Bilder auch. Also wie gesagt, ich bin sehr stolz darauf. Und in dem vorletzten Kapitel habe ich mich der Nachkriegszeit gewidmet, weil die meisten Westwallbücher hören mit der Kriegszeit auf. Aber es lag ja weiterhin Kriegsmaterial in der Gegend herum. Viele von Ihnen haben als Kinder noch in den Bunkern gespielt, das ist ja ein prägendes Ereignis gewesen für die Leute, die zu dieser Zeit aufgewachsen sind. Deswegen habe ich noch mit aufgenommen, wie so die Erlebnisse waren. Auch zum Beispiel ein Erlebnis, was mich selber sehr berührt hat. Es gab einen französischen Kriegsgefangenen namens Mario Pupulin, der 1940 als Kriegsgefangener in der Metzgerei Derichs eingesetzt war. Es hat sich eine Freundschaft zwischen ihm und der Familie Derichs damals entwickelt und selbst in der Nachkriegszeit haben die sich gegenseitig noch besucht. Die Familie Derichs war in Frankreich gewesen, dieser Kriegsgefangene war zweimal in Orsbeck gewesen mit seiner Frau und seinen Kindern. Und genau diese Freundschaft hat genau bis zum Tod von Mario Pupulin angehalten. Und zwar hat eines Tages ein Arzt aus einem Pariser Krankenhaus angerufen und hat der Familie Derichs gesagt: Dem Mario geht es sehr schlecht, er hat aber den Wunsch geäussert, dass er sie noch einmal sehen möchte. Die Familie Derichs, sprich die Eltern waren damals schon zu alt, die hätten diese Reise nicht mehr auf sich nehmen können, so dass die Tochter mit einigen Orsbeckern nach Paris zum Krankenhaus gefahren ist und hat den Mario dort noch am Krankenbett besucht. Als sie das Krankenhaus verlassen haben, ist er ins Koma gefallen und kurz darauf gestorben. Und das ist so eine Geschichte, die so ein bisschen unter die Haut geht, also jedenfalls mir. Ich finde, dass sind so Sachen, die festgehalten werden sollten und das habe ich hier aufgenommen.
Ja, und das letzte Kapitel widmet sich dem Umstand: Was ist geblieben vom Westwall? Von den Bunkern, es gab 45 Bunker im Raum Wassenberg, davon sind fünf Bunker noch in Wassenberg sichtbar und der Rest ist mittlerweile verschwunden. Und was sonst noch übrig geblieben ist, Infanteriehindernisse, Laufgräben, Minibunker, die Ende des Krieges noch gebaut wurden. Auch mit einer Häufigkeit, die sonst am Westwall nicht oft zu finden ist. Telefonbunker, was aus den RAD-Baracken geworden ist, die teilweise abgerissen und neu aufgebaut sind. Also es ist unwahrscheinlich viel Material zusammengekommen, ich habe mal nachgezählt, es waren 380 Quellen, die ich verwertet habe und über 80 Personen, mit denen ich Kontakt hatte. Und daraus ergibt sich auch diese ewig lange Zeit, ich habe immer wieder gesagt: Drei Monate noch oder ein halbes Jahr. Und das habe in einem halben Jahr immer noch gesagt und ein bisschen später noch mal gesagt. Und jetzt nach acht Jahren ist es endlich soweit, ich kann es in der Hand halten.

Applaus

 

Pressestimmen

Einmaliges Werk über den Westwall

Neues Buch „Der Westwall im Raum Wassenberg“ mit zahlreichen Zeitzeugen-Berichten

Rund acht Jahre hat der Aachener Markus Morgenweg an einem beeindruckenden Buch gearbeitet, das er jetzt gemeinsam mit dem Heimatverein Wassenberg im Bergfried offiziell vorstellte.

Der Beifall nicht nur von Experten dürfte dem ehrenamtlich arbeitenden Autor sicher sein: Denn hinter dem Werk mit dem nüchternen Titel „Der Westwall im Raum Wassenberg – und die deutschen Rückzugskämpfe im Kreis Heinsberg“ verbirgt sich mehr als eine bloße Ansammlung von Geschichts-Fakten.

Vielmehr ist das Buch eine bewegende und lebendige Schilderung der Kriegs- und auch Nachkriegszeit in der Region.

Morgenweg beleuchtet die Geschichte um den Westwall bei Wassenberg und damit auch einen Teil der Wassenberger Geschichte und der Geschichte des Kreises Heinsberg und beantwortet, unter anderem mit Hilfe zahlreicher Zeitzeugen, viele Fragen rund um die Monate langen Kämpfe an der so genannten Rurfront zwischen Düren und Roermond sowie das Leben nach dem Ende des Krieges.

Sepp Becker, der Vorsitzende des Heimatvereins Wassenberg, lobte bei der Buchvorstellung die akribische und eigenständige Arbeit des Autors. Er gab zu, angesichts zahlreicher schon existierender Publikationen zum Thema Westwall anfänglich skeptisch gewesen zu sein, zeigte sich aber mit Hinweis auf das fertige Produkt beeindruckt.

Becker hob vor allen Dingen die zahlreichen Schilderungen aufgrund der Befragung von Zeitzeugen hervor und betonte: „Hier in Wassenberg ist in der Kriegsgeschichte besonders viel passiert, die Zusammenfassung von Markus Morgenweg ist einmalig.“

Der Autor selber sagt:„Ich bin sehr stolz auf das Buch.“

Buchvorstellung im Wassenberger Bergfried: Autor Markus Morgenweg (r.) überreicht das erste Exemplar seines Werks über den Wassenberger Westwall dem Vorsitzenden des Heimatvereins Sepp Becker (l.). Foto: ferdi
Buchvorstellung im Wassenberger Bergfried: Autor Markus Morgenweg (r.) überreicht das erste Exemplar seines Werks über den Wassenberger Westwall dem Vorsitzenden des Heimatvereins Sepp Becker (l.). Foto: ferdi

Ihm sei es sehr wichtig gewesen zu beschreiben, wie die Bevölkerung diese schwierige Zeit erlebt habe. Aus diesem Grund hab er über 20 Zeitzeugen interviewt. Insgesamt habe er bei seinen Recherchen 380 Quellen bemüht, zudem mit über 80 Personen Kontakt aufgenommen und sich immer tiefer in die Materie eingearbeitet.

„Eigentlich“, so Morgenweg, „wollte ich ein Heftchen von 20 bis 30 Seiten herausgeben, jetzt ist es nach rund acht Jahren Arbeit ein Buch mit 236 Seiten geworden“.

Der Aachener Autor, der als Krankenpfleger arbeitet und somit seine Freizeit für die Arbeit geopfert hat, hat neben Daten, Fakten und Zeitzeugen-Berichten 383 Fotos und 38 Skizzen zusammengetragen und weist auf Zeugnisse hin, „die die Geschichte der Region sehr geprägt haben“.

Morgenweg weiter: „In diesem Raum sind viele Dinge passiert, die einmalig sind, ich freue mich, dass ich sie im Buch zusammenfassen konnte.“ Der Autor, Jahrgang 1973, muss es wissen, schließlich beschäftigt er sich seit über 20 Jahren mit dem Thema Westwall.

In der Vergangenheit wurden bereits zwei Artikel von Markus Morgenweg in den Heimatbüchern der Kreises Viersen und Heinsberg veröffentlicht. Das nun vorliegende Werk sprengt natürlich den Rahmen dieser kleineren Publikationen.

Das Buch von Markus Morgenweg ist in der Tintentanke (Gladbacher Straße 31), in der Media-Ecke (Graf-Gerhard-Straße) sowie im Lädchen am Roßtor in Wassenberg erhältlich. (ferdi)

Super Sonntag vom 13.11.2016

 

Für ein Buch neun Jahre aufwendig recherchiert

Der Westwall im Raum Wassenberg - und die deutschen Rückzugskämpfe im Kreis Heinsberg. Für sein Buch befragte der Aachener Markus Morgenweg auch Wassenberger Zeitzeugen. Von Willi Spichartz

Die Riege der Buchautoren zur Wassenberger Geschichte im 20. und 21. Jahrhundert ist lang. 2007 kommt ein damals 34-Jähriger aus Aachen nach Wassenberg, um über den Westwall zu forschen und eine kleine Broschüre von vielleicht 30 Seiten zu verfassen. Jetzt stellte er im majestätischen Bergfried über der Stadt ein geradezu majestätisches Buch zum Thema von 236 Seiten mit 383 Fotos und 38 Skizzen vor: Markus Morgenweg zeigte sich stolz auf das Ergebnis umfangreicher Recherchen. Stellvertretender Bürgermeister Frank Winkens und Heimatvereins-Vorsitzender Sepp Becker würdigten das in aufwändiger Aufmachung gestaltete Buch als gute Ergänzung der Wassenberger Bibliothek für Heimat-Literatur.
Dass Frank Winkens vor allem den Detail-Reichtum des Buchs herausstellte, kam nicht von ungefähr, denn Markus Morgenweg hatte in Wassenberg bei mehr als 20 Zeitzeugen recherchiert, Fotos erhalten, Literatur gewälzt und konnte auf einen gediegenen eigenen Kenntnis-Schatz über den Zweiten Weltkrieg und den Westwall zurückgreifen.

Ein detailreiches Buch hat Markus Morgenweg nach Recherchen in Archiven und bei Zeitzeugen veröffentlicht. FOTO: JÜRGEN LAASER
Ein detailreiches Buch hat Markus Morgenweg nach Recherchen in Archiven und bei Zeitzeugen veröffentlicht. FOTO: JÜRGEN LAASER

Sepp Becker rechnete es geradezu als Ehre für die Stadt an, dass jemand von außen kommt und ein derartiges Werk verfasst. Er selbst sei vor neun Jahren skeptisch gewesen, als der junge Mann zu ihm gekommen sei und um Unterstützung gebeten habe, er habe den Aufwand erahnen können. Die Unterstützung habe er natürlich mit der Nennung eventueller Zeitzeugen gegeben, von denen einige der Buchvorstellung beiwohnten. Ein Drittel von ihnen sei inzwischen verstorben, machte Markus Morgenweg einen gewissen Zeitdruck deutlich, dennoch habe er sowohl Informationen wie auch Fotos sichern und veröffentlichen können, die bisher so gut wie nicht bekannt waren.
Die Geschichte des Westwalls ist auch eine Geschichte des so genannten Reichsarbeitsdienstes, der in Wassenberg über zwei Lager verfügte, die unter anderem die Abschnitts-Linie von Beton-Bunkern und Panzersperren an der Rur fertigten. Der Westwall verlief von Kleve im Norden bis zur Schweizer Grenze im Süden - 630 Kilometer.
Es war auch eine Machtdemonstration des verbrecherischen Nazidiktaturregimes. Markus Morgenweg hat auch die Lage der Zivilbevölkerung erforscht. Ein Ergebnis für ist ihn, dass mehr Bewohner der Region Opfer des Krieges als Soldaten geworden sind. Auch nach dem Krieg seien noch viele Opfer in der Zivilbevölkerung durch Minen und Munition zu beklagen gewesen. Die Sinnlosigkeit des Menschenschlachtens aus der Nazi-Ideologie heraus habe sich daran gezeigt, dass bis in die letzten Kriegswochen hinein neue, auch militärisch sinnlose Anlagen gebaut worden seien.

Quelle: RP vom 11.11.2016


Hart umkämpfter Frontabschnitt

Front Nach Sepp Becker war die Kriegsfront an Rur und Wurm eine besondere, weil sie fünf Monate lang, von Oktober 1944 bis Februar 1945, dort gelegen habe und schwer umkämpft war. In Wassenberg existierten mehrere Lazarette, deren Verstorbene auf dem örtlichen Friedhof beigesetzt wurden.

Buch Der Westwall im Raum Wassenberg - und die deutschen Rückzugskämpfe im Kreis Heinsberg. Helios-Verlag, Aachen. 29,90 Euro. Zu erwerben im Buchhandel: in Wassenberg in der "Tintentanke", Gladbacher Straße, der "Mediaecke", Graf-Gerhard-Straße, und im "Lädchen" am Roßtorplatz.

Die Zeitzeugen machen das Buch lebendig (Heinsberger Zeitung vom 12.11.2016)

 

Der Verlierer wurde doch noch König

Zum Jahrestag der Schlacht von Wassenberg stellt der Heimatverein an der Rur eine Erinnerungstafel auf. Coup bringt Entscheidung. Von Daniel Gerhards

Friedlich liegt sie an diesem sonnigen Julimorgen da, die Landschaft zwischen Orsbeck und Forst. Ein paar Kühe haben sich ein schattiges Plätzchen unter den Bäumen gesucht. Zu hören sind einige Vögel, die in den zirpenden Gesang der Grillen einstimmen. Lauter ist nur das Rauschen der Rur. Das muss am Morgen des 27. Juli 1206 vollkommen anders gewesen sein. Damals standen sich in den Niederungen der Rur zwei gewaltige Heere gegenüber. Ihr Aufeinandertreffen sollte als Schlacht von Wassenberg in die Geschichte eingehen.
 
Wo genau die Schlacht von Wassenberg stattgefunden hat, ist nicht überliefert. Eigentlich komme aber nur das Gelände an der Rur zwischen Orsbeck und Forst in Frage, meint Sepp Becker. Am Jahrestag, Mittwoch, 27. Juli, will der Heimatverein am Rur-Ufer-Radweg bei Orsbeck eine Erinnerungstafel aufstellen. Der kultur-historische Spaziergang führt zur Vorstellung der Tafel.


Dass es sich bei dieser Schlacht nicht um irgendeine mittelalterliche Auseinandersetzung handelte, zeigt schon der Anlass des Kampfes: Es ging um den deutschen Königsthron. Denn Anfang des 13. Jahrhunderts gab es zwei deutsche Könige, die sich gegenseitig nicht anerkannten. Auf der einen Seite stand der Staufer Philipp von Schwaben, auf der anderen Seite der Welfe Otto von Braunschweig.
Ein Protagonist der Schlacht war Philipp von Schwaben. Er siegte und wurde alleiniger deutscher König. Allerdings wurde er noch vor seiner Kaiserkrönung in Bayern ermordet. Otto von Braunschweig heiratete daraufhin in die Familie von Philipp ein. So gelang es dem Verlierer der Schlacht von Wassenberg doch noch, auf den Königsthron zu steigen.

Um an diese Schlacht zu erinnern, stellt der Heimatverein Wassenberg am Mittwoch, 27. Juli, dem Jahrestag der Schlacht, am Rur-Ufer-Radweg nahe der Rurbrücke in Orsbeck eine Gedenktafel auf, die an die Königsschlacht erinnert. Vorsitzender Sepp Becker informiert dann über die Schlacht.

Ob die Schlacht genau an dieser Stelle stattgefunden hat, ist nicht abschließend geklärt. Das liegt an der dürftigen Quellenlage aus der Zeit. Die Urquelle ist die Kölner Königschronik. Ein umfassendes Werk mit dem Titel „27. Juli 1206. Die Schlacht bei Wassenberg“ hat Paul Gotzen im Jahr 2005 herausgebracht.

Klar ist aber, wie es zur Schlacht kam. Der Staufer-Kaiser Heinrich IV. wollte den Thron für seine Familie sichern. Allerdings starb er 1197, noch bevor er alles Nötige in die Wege leiten konnte. Damit begann der Kampf um die Macht. Der Bruder des gestorbenen Kaisers, Philipp von Schwaben, ließ sich von einem Teil der deutschen Fürsten zum König wählen. Bei einer anderen Versammlung wählte ein anderer Teil den Welfen Otto von Braunschweig. Otto ließ sich in Aachen vom Kölner Erzbischof krönen, aber mit den falschen Reichsinsignien. Die richtigen befanden sich noch im Besitz der Staufer, die aber den falschen Ort und den falschen Bischof für die Krönung wählten. Also hatten beide Krönungen einen Makel. „Weil auch der Papst, der in dieser Entscheidung seine eigenen Interessen verfolgte, keine Lösung herbeiführen konnte, lief alles auf eine Schlacht hinaus. Sozusagen als Gottesurteil“, sagt Sepp Becker.

Absprache

Aber warum genau in Wassenberg? Zufall? Vielleicht. Es könnte aber auch mit dem Herzog von Limburg zusammenhängen, der die Welfen unterstützte und dem der Staufer Philipp nach der Macht trachtete. Es könnte also so gewesen sein, dass das Staufer-Heer auf Wassenberg zumarschierte und dort auf das Heer der Welfen traf, das aus Köln kam, um den verbündeten Limburgern beizustehen.

Am Abend vor der Schlacht einigten sich die beiden Heerführer darauf, die Schlacht auf den 27. Juli zu vertagen. Und dann gelang Philipp der Coup. Im Mittelalter war es gang und gäbe, dass sich vor der eigentlichen Schlacht einzelne Krieger in Zweikämpfen duellierten. Erst dann stellten sich die Heere in der eigentlichen Schlachtformation auf. Nicht so in Wassenberg. Philipp griff an, bevor die Welfen sich überhaupt zum Kampf aufgestellt hatten. „Bevor die Schlacht so richtig losging, hatten die Staufer schon ein solches Übergewicht, dass alles sehr schnell vorbei war“, sagt Becker.

Wie viele Krieger sich genau gegenüberstanden, ist bis heute unklar. Die Welfen verfügten über 400 Ritter und 2000 weitere Soldaten, über die Größe des Staufer-Heeres ist nur bekannt, dass es etwas stärker gewesen sein soll als das der Welfen. „Es müssen also mindestens 5000 Kämpfer beteiligt gewesen sein“, sagt Becker. Und die kämpften wahrscheinlich mit den für die Zeit typischen Waffen, also Lanzen, Schwertern, Bögen und Armbrüsten. Wichtig für die Feldherren waren damals die berittenen Kämpfer. „Das Reiterheer war von besonderer Bedeutung“, sagt Becker. Es habe – wie später die Panzer – zum Durchbrechen der feindlichen Linien gedient. Auch die Zahl der gefallenen Krieger ist nicht übermittelt.
 
So – wie auf dieser Abbildung eines mittelalterlichen Kampfes – könnte es bei der Schlacht von Wassenberg im Jahr 1206 zugegangen sein. Wobei Gewinner und Verlierer schon früh feststanden.
So – wie auf dieser Abbildung eines mittelalterlichen Kampfes – könnte es bei der Schlacht von Wassenberg im Jahr 1206 zugegangen sein. Wobei Gewinner und Verlierer schon früh feststanden.


Dann wird es kurios

Als klar war, dass Otto nicht mehr gewinnen konnte, flüchtete er mit dem Erzbischof von Köln auf die Burg Wassenberg, wo er medizinisch versorgt wurde. Obwohl die Stadt wenig später von Staufern belagert wurde, gelang Otto die Flucht. Den Erzbischof nahmen die Staufer gefangen. „Für Wassenberg war das tragisch. Die Stadt stand auf der Seite der Verlierer und wurde zerstört“, sagt Becker.

Mit dem Sieg Philipps war die Geschichte der beiden Könige aber noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil. Im Anschluss wurde es erst richtig kurios. Zunächst geschah, was alle erwarteten: Philipp wurde alleiniger König. Während in Rom die Vorbereitungen für dessen Kaiserkrönung liefen, kam aber der Wittelsbacher Pfalzgraf Otto dazwischen. Er ermordete König Philipp in Bayern. Einen politischen Hintergrund gab es wohl nicht. Otto heiratete daraufhin Philipps Tocher Beatrix und wurde doch noch König. „Die Heirat hatte damals eben eine ganz andere Funktion. Es ging um Macht“, sagt Sepp Becker.

Auch weil sich anhand der Geschichte von Otto und Philipp so viel über das Mittelalter lernen lasse, habe der Heimatverein beschlossen, die Gedenktafel aufzustellen. So könne man auch Schulklassen und anderen Interessierten die Geschichte der Stadt und des Mittelalters näherbringen, sagt Becker. „Da steckt so viel drin: päpstliche Politik, deutsche Dynastien, Machtspiele und große Diplomatie“, sagt er.
 
Heinsberger Zeitung vom 23.07.2016
 
Fotos: D. Gerhards (3); Heimatverein/Bibliothèke Royale Albert I., Brüssel und Heinrichs (2); imago/Leemage
  

 
Gedenktafel
 
 
 
Info

Kulturhistorischer Spaziergang - Thema: Schlacht bei Wassenberg

Foto: Karl Lieck
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Foto: BeSe
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Erinnerung an eine gewaltige Schlacht

Der Wassenberger Heimatverein stellt am Rur-Ufer-Radweg eine Tafel auf. Zwei Könige trafen aufeinander.

Begleitet von rund 50 Gästen hat der Heimatverein Wassenberg gestern eine Erinnerungstafel an die Schlacht von Wassenberg vorgestellt. Bei einem kultur-historischen Spaziergang informierte Vorsitzender Sepp Becker über die Schlacht, die Vorgeschichte und die Folgen.

An exponierter Stelle: Die Erinnerungstafel an die Schlacht von Wassenberg wird am Rur-Ufer-Radweg, in der Nähe der Orsbecker Rurbrücke, vorgestellt. Dort können sich Radfahrer nun informieren. Foto: Gerhards
An exponierter Stelle: Die Erinnerungstafel an die Schlacht von Wassenberg wird am Rur-Ufer-Radweg, in der Nähe der Orsbecker Rurbrücke, vorgestellt. Dort können sich Radfahrer nun informieren. Foto: Gerhards


Wo genau die Kämpfe stattfanden, kann man aufgrund der dürftigen Quellenlage heute nicht mehr sagen. Die beiden gewaltigen mittelalterlichen Heere müssen aber einen Großteil der Fläche an der Rur zwischen Orsbeck und Forst belegt haben, sagt Becker. Bei der Schlacht von Wassenberg ging es um den deutschen Königsthron. Anfang des 13. Jahrhunderts gab es zwei deutsche Könige, die sich gegenseitig nicht anerkannten. Auf der einen Seite stand der Staufer Philipp von Schwaben, auf der anderen Seite der Welfe Otto von Braunschweig. Zur entscheidenden Schlacht kam es am 27. Juli 1206 in den Niederungen der Rur bei Wassenberg. Mehr als 5000 Kämpfer sollen sich dort gegenübergestanden haben.

Die Flucht von der Burg

Der Sieger Philipp wurde alleiniger deutscher König. Otto gelang nach medizinischer Versorgung auf der Burg Wassenberg die Flucht aus der belagerten Stadt. Wassenberg stand damals auf der Seite der Verlierer und wurde zerstört. Nach dem Tod Philipps und der Hochzeit mit der Stauferin Beatrix wurde Verlierer Otto doch noch deutscher König und Kaiser des römisch-deutschen Reiches. (ger)

Kurz gefragt

Sepp Becker - Vorsitzender des Heimatvereins Wassenberg
Sepp Becker - Vorsitzender des Heimatvereins Wassenberg

Kampf um den Königsthron

Wieso hat der Heimatverein die Erinnerungstafel an der Rur aufgestellt?

Becker: Wer weiß das schon, dass die Schlacht hier stattgefunden hat? Es war aber eine Schlacht, die eine europäische Dimension hatte. Denn der deutsche König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war im Zusammenspiel mit dem Papst der mächtigste Mann der westlichen Welt. Und um den Königsthron ging es bei der Schlacht.

Heinsberger Zeitung vom 23.07.2016

 


Tafel erinnert an Schlacht bei Wassenberg

Der Welfe Otto von Braunschweig und der Stauffer Philipp von Schwaben kämpften 1206 mit 5000 Männern an der Rur. Von Philipp Schaffranek

Ein Gottesurteil musste her. Denn in der Königsnachfolge auf den Deutschen Thron war im Jahr 1206 Unruhe eingekehrt. Mit dem Welfen Otto von Braunschweig und dem Stauffer Philipp von Schwaben hatten sich gleich zwei Adlige krönen lassen. Der eine in Mainz, der andere in Aachen. Weil das strikte Krönungsprozedere des Mittelalters bei beiden Anwärtern nicht eingehalten wurde, sollte eine Schlacht, deren Ausgang im Mittelalter einem Gottesurteil gleichkam, die Entscheidung bringen. Und so trafen die Heere von Stauffern und Welfen aufeinander. Schätzungsweise 5000 Kämpfer standen sich in der Schlacht von Wassenberg gegenüber.

Sepp Becker erläutert die Schlacht um Wassenberg im Jahr 1206 an der Rur bei Orsbeck. FOTO: Laaser Jürgen
Sepp Becker erläutert die Schlacht um Wassenberg im Jahr 1206 an der Rur bei Orsbeck. FOTO: Laaser Jürgen


Damit die Schlacht, die vor 810 Jahren stattgefunden hat, nicht in Vergessenheit gerät, hat der Heimatverein Wassenberg nun eine Erinnerungstafel am Rur-Radwanderweg in der Nähe der Rurbrücke bei Orsbeck aufgestellt. Ungefähr dort, auf dem damals sumpfigen Gebiet, soll die Schlacht der dürftigen Quellenlage zufolge getobt haben. Verbunden mit einem kulturhistorischen Spaziergang stellte Sepp Becker, Vorsitzender des Heimatvereins, die Tafel vor. "Die Bedeutung der Schlacht ging weit über Wassenberg, die Region und Deutschland hinaus", sagte Becker. Hätte sie in der heutigen Zeit stattgefunden, hätten die Medien aus aller Welt berichtet. Denn das deutsche Königreich war groß, und wer deutscher König war, wurde meist gleichzeitig Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Viele Fürsten, die je einen der beiden Konfliktparteien unterstützten, Bischöfe und Papst Innozenz III. waren in den Machtkampf involviert, der in Wassenberg entschieden wurde.
Über den Verlauf der Schlacht gibt es zwei Versionen. Einmal gehe man davon aus, dass Philipp von Schwaben sein Lager bereits vor Wassenberg aufgeschlagen hatte, als Otto von Erkelenz in Richtung Wassenberg unterwegs war. Die beiden hätten sich nach den mittelalterlichen Regeln auf einen Schlachtbeginn für den nächsten Tag geeinigt. Doch Philipp brach diese Schlachtregel und griff das gegnerische Heerlager bereits in den Morgenstunden an, überrumpelte es, und schlug das Heer Ottos.
Nach der zweiten Geschichte siegte ebenfalls der Stauffer Philipp. Demnach habe er das Heer von Otto in einen Hinterhalt gelockt und in den sumpfigen Rurauen geschlagen. "Hat es einen Verrat gegeben?", sei bei dieser Version laut Becker die entscheidende Frage. Denn Otto war mit dem Herrn der Burg Wassenberg verbündet gewesen, hätte also den Vorteil haben müssen, dass gebietskundige Leute in seinen Reihen waren. Unter Historikern gibt es die Vermutung, dass der Herr der Burg Wassenberg den Welfen Otto verraten habe.


Wie es die Geschichte so wollte, waren zum Ende ihrer Lebenszeit beide deutscher König gewesen. Philipp regierte nach der gewonnen Schlacht nur zwei Jahre, ehe er ermordet wurde. Kurz darauf bestieg Otto den Thron, denn er hatte Beatrix, Philipps Tochter geheiratet und war somit rechtmäßiger Nachfolger.

Quelle: RP vom 4.8.2016

 

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