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Sänger: Karl Lieck

Wassenberg1420

 

Orsbeck-Luchtenberg und Myhl

Irgendwie gelangt man aus allen Himmelsrichtungen nach Orsbeck, einem Goldstück an der Rur. Selbst mit einem Paddelboot. Schon die Römer wussten dieses Fleckchen Erde zu schätzen, entdeckten eine Furt durch die Rur, legten gleich zwei Straßen an, die sich bei Orsbeck kreuzten, errichteten auf einem nahe der Rur gelegenen kleinen Hügel ein steinernes Bauwerk —Wachturm oder Heiligtum, wer weiß — und machten es sich in hübsch angelegten Landhäusern und Landgütern — lateinisch Villa — heute „auf dem Viller“ genannt, bequem. Wie man dort sehen kann, hat sich im Laufe der Jahrhunderte nicht viel geändert. Die von den Römern für ihre Bauten gebrannten Ziegel, lateinisch „Later“, waren so gut, dass man sie „later“ (also später) nach der Christianisierung im achten Jahrhundert für den Bau einer kleinen Saalkirche benutzte. Dort können die nach Fischgrätenart eingebrachten Mauerteile aus römischen Ziegeln besichtigt werden. Das Dorf muss man durchwandernd erleben: Winklige, kurvenreiche Straßen scharen sich um die altehrwürdige St. Martinuskirche. Bauernhöfe, Handwerkerhäuser, gelungen restaurierte Wohnhäuser, ein getrennt vom Dorfkern angelegtes, aber nicht abseits liegendes Neubaugebiet, viel Grün, viel Buntes, viel Garten. Man empfindet Atmosphäre in und mit Tradition. Das Leben im Ortsbild ist zeitgemäß im Rahmen des Althergebrachten. Man feiert gern, viel und kräftig — nach alter Väter Sitte. Wanderwege für Fußgänger und Radfahrer, geschmückt von Pappelreihen, führen durch Wiesen und Felder durch die Rurauen. Ein modernes aber beschaulich gestaltetes Kapellchen in den Rurwiesen, dem Heiligen Geist gewidmet, lädt dazu ein, die Seele baumeln zu lassen und geistig aufzutanken.

Die Pfarrkirche St. Martinus Orsbeck entstand als fränkische Saalkirche schon vor dem Jahr 1000. Im Gemäuer befinden sich römische Ziegel im Fischgrätenmuster.

Luchtenberg präsentiert sich in einem hügelig gestalteten Rurabschnitt. Zwischen Ratheim, Luchtenberg und Orsbeck fand 1794 in der Schlacht an der Rur der entscheidende Übergang der Franzosen über die von den Kaiserlichen hart verteidigte Rurlinie statt.
Der wohl berühmteste Sohn Orsbecks entstammte einem Adelsgeschlecht, welches dem Dorf Namen und Wappen gab: Hugo von Orsbeck, Kurfürst des Kurfürstentums Trier, verstorben 1711. Einen Kurfürsten kann man heutzutage mit eingm
Ministerpräsidenten vergleichen. Durch die von den Franzosen 1802 eingeleitete Säkularisation kamen wertvolle Kultgegenstände in die Orsbecker Pfarrkirche, so unter anderem Partikel vom Kreuz und der Geißelsäule. Durch diese Partikel wurde Orsbeck Wallfahrtsort. Seit 1817 - nach der Franzosenzeit — finden offizielle Wallfahrten nach Orsbeck statt. Der Orsbecker Hans Schrammen schrieb bereits 1922 über sein Heimatdorf, was auch heute noch gilt:

„Noch hat der Neuzeit stürmend Drängen
Wenig nur den Sinn verwirrt;
Noch feiert man die gleichen Feste,
Die sich die Väter froh beschert;
Noch hat die Unrast unsrer Tage
Wenig Unheil gesät;
Noch hat der Städte schlimme Plage
Wenig Altes weggefegt.
Traute Heimat, mögest bleiben,
Wie die Väter dich geliebt!
Mög‘ der Himmel dir bereiten,
Dass dein Frieden nie entflieht.“

Übrigens verfügt Orsbeck über eine der ältesten Kirchenglocken in der näheren und weiteren Umgebung. Sie wurde um 1250 gegossen und lädt zur Mittagszeit Wanderer zum Verweilen und zur Stärkung in die erstklassige örtliche Gastronomie ein. Ein Museum hat Orsbeck nicht zu bieten, aber Muße.

Über eine alte Römerstraße, den Neusser Weg, wandern wir weiter nach Myhl und Altmyhl. Beide Dörfer liegen etwas versteckt in zwei Nebentälern der Rurtales. Altmyhl am Floßbach, Myhl am Klingelbaeh. Die erste Erwähnung Myhls stammt aus dem Jahre 1269. Seit 1360 gab es in Myhl ein Franziskanerinnenkloster. Zwischen Neusser Weg und der Kreisstraße 20 befindet sich ein fränkisch-römisches Gräberfeld. Über das Blumental gelangt man in die herrlich
gelegene Myhler Schweiz, die an heißen Sommertagen Wanderern schattige Waldwege bietet. Regionale Bekanntheit erlangte Myhl durch zwei Produkte: Sand und Stoffe. Der in Myhl gefundene Sand diente in alten Zeiten als Stubensand in Dielen und Hofräumen. Daher der Schlachtruf der Myhler Karnevalsgesellschaft „Sankhas höpp, höpp“. Die Stoffe fanden Absatz in den nahegelegenen Städten.

Vor gut 100 Jahren wurde auf dem Justusberg in Myhl eine Lourdesgrotte errichtet.

Am Justusberg können fromme Beter in einer Lourdes-Grotte ihre Andacht verrichten. Berühmt ist auch die Myhler Sage vom Schwanderberg. Kommen Sie nach Myhl, so lassen Sie sich diese Geschichte erzählen. Jeder Myhler kennt sie und erzählt sie gerne.

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